Golden Globes 2021 Interviews & Recap: Elmar Biebl über die Verleihung & Preisträger
Ob ich denn nicht doch noch einen kurzen Kommentar über den Golden Globes-Abend schicken könne, so die Anfrage meiner FredCarpet-Kollegen in Berlin. Ausgerechnet ich, der die Gala – falls man das Ganze so nennen will – so gut wie nicht gesehen hat?
Ja, ich saß vor einem Bildschirm – sogar vor einem Dutzend Bildschirmen – im Beverly Hilton Hotel. Genauer gesagt: in einem der Ballsäle. Der war zerteilt von Gerüsten aus Stahlrohr mit Mosaiken von flimmernden Screens und summenden, in magischem Licht schimmernden Rechnern: das Gehirn des (für mich) technischen Wunders einer virtuellen Preisverleihung, in der 125 Nominierte auf allen Teilen des Globus synoptisch verästelt, aber jederzeit abrufbar waren. Die eine Gehirnhälfte in New York, die andere 4.000 Kilometer entfernt hier im Hotel in Los Angeles.
Nicht nur die zehn Dutzend Nominierten waren vernetzt, auch die 122-köpfige Weltpresse, deren Zuschaltungen sich in meinem Seitenraum bündelten. Und da saß ich dann mit schwarzer Maske im Gesicht – angeflackert von offenbar wichtigen Bildschirmen, über die irgendwelche Hieroglyphen scrollten – und starrte auf meinen Laptop. Kopfhörer in die Ohren gepresst, um die einprasselnden Reporterfragen an die jeweiligen Gewinner umzuleiten. Eine fünfköpfige Crew von technischen Genies versuchte mir das Denken weitgehend abzunehmen, aber trotzdem kostete mich das eine vier Stunden lange, totale Konzentration. Und das war auch der Grund, warum ich – siehe meine Anfangsbemerkung – so gut wie nichts von der eigentlichen Gala mitbekommen habe: Während die Journalisten with my little help die Gewinner befragten, ging das Programm seinen Gang. Aber voll an mir vorbei.
Die seltsamste Golden Globes-Verleihung meines Lebens
Am Morgen danach habe ich dann nachgelesen, was da eigentlich alles so gelaufen ist. Die Jokes unserer Gastgeberinnen Tina Fey und Amy Poehler und ihre Spitzen gegen uns, die HFPA, weil wir kein Mitglied afrikanischer Abstammung in unseren Reihen haben. Und dass sie eine neue Kategorie vorschlugen, nämlich Plovie. Mit dieser Verschmelzung von Play und Movie machten sie sich über die Nominierung des abgefilmten Bühnenstücks HAMILTON lustig.
Dann war da der feurige Aufruf von Jane Fonda zur Integration aller Bevölkerungsgruppen. Der ironische Lobgesang von Sacha Baron Cohen auf „das komische Genie“ Rudy Giuliani. Die unbekümmerten Fashion-Statements: etwa Jason Sudeikis im Hoodie, Jodie Foster auf ihrer Couch mit Hund und ihrer offenbar im Pyjama gewandeten Ehefrau, Helena Zengel gestylt mit einem kessen Hütchen oder Rosamund Pike in einem Zeltkleid aus flammend rotem Tüll.
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Überraschungen? Dass am Ende NOMADLAND als bestes Drama und BORAT SUBSEQUENT MOVIEFILM als beste Comedy durchs Ziel gingen, das waren sicherlich keine.
Die für mich die stärkste Kategorie war die der Schauspielerinnen – Drama. Alle fünf Nominierungen: absolut top! Carey Mulligan als PROMISING YOUNG WOMAN, Vanessa Kirby in PIECES OF A WOMAN, Frances McDormand in NOMADLAND, ebenso hochfavorisiert wie Viola Davis in MA RAINEY’S BLACK BOTTOM. Aber der Golden Globe Award ging an die einzige dieser nominierten Frauen, die sich selbst überhaupt nicht als Schauspielerin sieht: Cassandra Monique Batie, besser bekannt als Andra Day – ihrem Pseudonym als Sängerin. Sie hatte sich diesen Bühnennamen zugelegt als eine persönliche Verbeugung vor ihrem Idol, Billy Holiday, genannt „Lady Day“. Und für ihr Portrait dieser Jazz-Legende in THE UNITED STATES VS. BILLIE HOLIDAY wurde sie jetzt mit Gold belohnt.
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Also alles gut? Hmm. Dass die TV-Ratings brutal einbrechen würden, das wussten im Vorfeld alle Beteiligten. In den vergangenen Jahren sackten die Einschaltzahlen aller vergleichbaren Award Shows stetig ab. Auch die der Oscars. Aber eben nicht die der Globes. Die konnten sich auf eine mehr oder weniger konstante Zuschauerzahl zwischen 18 und 20 Millionen allein im US-Markt verlassen. Diesmal waren es nur 6,9 Millionen. Und in Deutschland waren sie überhaupt nicht live zu sehen.
Wie gesagt, die seltsamste Golden Globes-„Gala“ meines Lebens.
Golden Globes 2021: Die Preisverteilung in Zahlen
Motion Picture
BORAT SUBSEQUENT MOVIEFILM 2
NOMADLAND 2
SOUL 2
I CARE A LOT 1
JUDAS AND THE BLACK MESSIAH 1
THE LIFE AHEAD 1
MA RAINEY’S BLACK BOTTOM 1
THE MAURITANIAN 1
MINARI 1
THE TRIAL OF THE CHICAGO 7 1
THE UNITED STATES VS. BILLIE HOLIDAY 1
Television Series or Program
THE CROWN 4
THE QUEEN’S GAMBIT 2
SCHITT’S CREEK 2
I KNOW THIS MUCH IS TRUE 1
SMALL AXE 1
TED LASSO 1
Motion Pictures
Netflix 4
Amazon Studios 2
Disney+ 2
Searchlight Pictures 2
A24 1
Hulu 1
STXfilms 1
Warner Bros. Pictures 1
Television
Netflix 6
Pop TV 2
Amazon Studios 1
Apple TV+ 1
HBO 1