Droht nach #OscarsSoWhite jetzt #OscarsTooFat? | ELMARS HOLLYWOOD

Size doesn’t matter? Größe ist nicht alles? Von wegen – sagt die Academy of Motion Picture Arts and Sciences als heiliger Gralshüter der Oscars. Und legt gleich noch eine ordentliche Schippe drauf. Also – eine Schippe Mitglieder. 842 Filmschaffende aus sämtlichen für einen Film benötigten Gewerken und aus aller Herren Länder wurden in diesem Jahr eingeladen, Mitglied der Academy zu werden. Und damit zukünftig auch ein Wort bei der Vergabe der begehrten Filmpreise mitreden zu können. Was hinter der kontrollierten Mitglieder-Explosion steckt, erklärt euch Hollywood-Journalist und Golden-Globes-Juror Elmar Biebl.

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Stephan Temp: Portätbild

Auf dem Spiel steht der Ruf der wichtigsten Institution der Filmwirtschaft

Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences hat einen guten Ruf zu verteidigen. Oder – nein, eher so: Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences hat einen schlechten Ruf abzuschütteln. Da ist, da war #OscarsSoWhite. Oder #OscarsSoMale. Dann die Erschütterungen durch #MeToo. Der schleichende Bedeutungsverlust der Institution Kino. Das unaufhaltsame Vorpreschen der Streaming-Plattformen: Netflix vorneweg. Aber inzwischen auch Disney+. Und bald – ganz sicher – eine Plattform pro Major-Studio. Die NOCH natürlich nur als Zweitverwertungsplattformen für die eigenen Kino-Filme gedacht sind. Aber: Who knows? Wenn nun mal keiner mehr ins Kino will? Nun – dann ist man gerüstet. Kann mit einem Schlag eine (land-)flächendeckende Versorgung mit topaktueller Filmware bieten. Und braucht vor allem auch keinen mehr an seinen Erlösen zu beteiligen. Worst Case? Nur, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Was die Oscar-Herren und -Damen und sowohl Damen-als-auch-Herren unbedingt verhindern wollen. Darum die Frischzellenkur. Darum – endlich! – die verdiente Berücksichtigung des nur sprichwörtlich schwachen Geschlechts. Sowie der Minoritäten, die im, seit seiner Gründung, Club-der-alten-weißen-Männer bei der Preisvergabe eher Raritätenwert hatten und bei den Verleihungen seit jeher immer am Katzentisch sitzen mussten.

Der magnetische Pol der Filmwelt liegt nicht mehr mitten in Hollywood

Die nächste Herausforderung: In der ganzen Welt, fast der ganzen Welt, versteht man inzwischen, gutes Kino und ansehbare, mitreißende, berührende Filme zu produzieren. Made in Hollywood ist nicht mehr alles. Vor allem nicht mehr das alleinige Gütesiegel. Elmar Biebl beobachtet den Trend als Mitglied der Hollywood Foreign Press Association und damit Jury Member der Golden Globes schon länger. Jahr für Jahr nimmt die Zahl der Einreichungen zu den wichtigen und wichtigsten Filmpreisen zu. Und das nicht nur in Bezug auf die Quantität – sondern vor allem auch bei der Qualität. Die Frage, die daraus resultiert: Reicht es, all diese potenziellen Kleinode (und Kino-Retter?) in jeweils nur eine prallvolle Schublade namens „Bester ausländischer Film“, „Bester fremdsprachiger Film“, „Bester nicht englischsprachiger Film“ zu stopfen? Die Antwort auf diese Frage steht noch aus. Aber zumindest finden sich jetzt schon einmal viele „ausländische“ beziehungsweise nicht in Amerika oder in Hollywood beheimatete Namen. Der Anfang scheint gemacht zu sein.

Gilt „Too big to fail“ eigentlich auch für einen elitären Club in Hollywood?

#OscarsTooFat? Nein – das ist natürlich keine Anspielung auf irgendwelche Körpermaße. Ob dick oder dünn hat – wir hoffen es zumindest – bei der Entscheidung über die Filmpreisvergabe noch nie eine wirkliche Rolle gespielt. Auch wenn es dazu schon mal gewisse Theorien gab – zu denen sich das ja gar nicht mal so unrenommierte Magazin „New York“ zum Beispiel seitenweise Gedanken machte. 2018 trat eine Journalistin des Magazins „Grazia“ in abertausende von Fettnäpfchen, als sie während der Oscar-Verleihung in ihrem Tweet fragte: Warum sind alle Oscar-Gewinner so … dick?

Mit all diesem Kram und all diesen Diskussionen haben wir natürlich nichts zu tun. Uns geht es bei #OscarsTooFat eigentlich mehr um die in den letzten fünf Jahren heftige „Gewichts“-Zunahme der Oscar-Academy. Und die Sorge, ob die schiere Größe schnelle, flexible und wichtige Entscheidungen für die Zukunft nicht noch schwerer macht. Sollten alle Eingeladenen dieses Jahres die Einladung annehmen, schnellt der Zähler auf ein gutes Stück weit oberhalb der Neuntausender-Marke. Schließlich gilt die Mitgliedschaft ein Leben lang – und dank der modernen Medizin bleiben uns und der Academy all die alten weißen Männer sicherlich noch eine ganze Weile erhalten. Sei’s ihnen gegönnt.

Was uns noch einmal zu unserer Eingangsfrage führt: Size doesn’t matter? Die korrekte Antwort lautet: Oh doch! Denn eines wächst bei der Academy nämlich mit Sicherheit nicht mit: das Dolby Theatre als jährlicher Rahmen für die feierliche Verleihung der Goldjungs. In dem finden nämlich leider nur 3.400 Gäste Platz. Lösungsvorschlag: Da die Macher der Verleihung jedes Jahr aufs Neue bemüht sind, das Event für das Saalpublikum und die TV-Zuschauer mit mehr oder weniger gelungenen Späßen weniger steif rüberkommen zu lassen … wie wäre es denn da – statt Gag-Feuerwerk oder Gesangs-und-Tanz-Übung – mit einer Runde „Reise nach Jerusalem“? Dann sieht man gleich mal, wer sich in der Academy in Zukunft am besten durchsetzen kann.

Ihr kennt niemanden in der Academy? Guckt lieber noch mal nach:

hollywoodreporter.com

 

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