Interview Ein Hologramm Für den König | Tom Tykwer über Tom Hanks und die arabische Kultur

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Am 28. April 2016 startete in den deutschen Kinos Tom Tykwers neuer Film EIN HOLOGRAMM FÜR DEN KÖNIG. Anlässlich des Kinostarts trafen wir Regisseur Tom Tykwer zu einem Gespräch in kleiner Runde über EIN HOLOGRAMM FÜR DEN KÖNIG, Tom Hanks, den Culture Clash, die arabische Kultur und gesellschaftliches Rollenspiel.

P.S. Die Filmkritik von unserem Kinoexperten Steven Gätjen zum Film findet ihr in FRISCHE FILME. Außerdem könnt ihr in STEVIELEAKS bis zum 01. Mai 2016 auch an einer Verlosung teilnehmen und mit etwas Glück 2×2 Kinotickets sowie 2 Romanvorlagen von Dave Eggers gewinnen.

TOM TYKWER ÜBER TOM HANKS

“Das Schöne an Tom Hanks ist, dass er so normal aussieht. Er ist nicht bildschön, sondern er hat ganz viele Attribute, die man vermissen würde, wenn man von Superstars reden würde. Gleichzeitig ist er aber auf eigentümliche Weise irre attraktiv, wahnsinnig einnehmend und ganz natürlich. Er ist so, wie man ihn sich vorstellt. Ein extrem herzlicher, menschlicher, lustiger, kontaktfreudiger, nicht überdurchschnittlich introvertierter Mann, der neugierig durch die Welt geht und noch sehr stark das Kind in sich lebendig hält. Wenn er einmal Vertrauen in einen gefasst hat, was bei mir glücklicherweise der Fall ist, probiert er mehr oder weniger alles aus, was man ihm vorschlägt bzw. macht Vorschläge, was man besser machen kann.

TOM TYKWER ÜBER CULTURE CLASH

“Thematisch ist das für mich ein sehr komplexer, anspruchsvoller Film, der jedoch nicht so befrachtet daherkommen sollte. Man sollte sehen, dass EIN HOLOGRAMM FÜR DEN KÖNIG ein Culture-Clash-Film ist, indem muslimische Menschen einem Ultra-Westler begegnen, aber zeigt, dass diese Begegnungen gar nicht so kompliziert, sondern sehr bereichernd für beide Seiten sein können.”

“Der Film sollte den Zuschauer nicht so deprimieren, sondern  in amerikanischer, als auch saudischer Hinsicht äußert subversiv erscheinen, wenn man die Romanze des Films mal ernst nimmt. Die Filme, die wir sonst kennen, indem ein Amerikaner in ein arabisches Land geht und eine Frau kennen lernt , laufen darauf hinaus, dass er sie aus den Klauen der irren Mullahs, die gerade die Machete schwingen und hinter ihr her rennen, befreien muss und ins “freie Land entführt”. Bei uns ist das Gegenteil der Fall. Er bleibt einfach an dem Ort, kommt mit dieser Frau zusammen und lebt seine Utopie in einer Welt, die es vielleicht in dieser Form so noch nicht ganz erlaubt, aber in der heutzutage schon wirklich viel möglich ist.”

“Die große Chance, der eigentlich so separierten Gesellschaft ist doch, dass die Leute sich viel näher sind, als die Systeme, Politiker und religiösen Führer uns glauben machen wollen. Die Leute sind schon längst ein Schritt weiter. Ob durch das Internet oder allgemein durch unsere Kommunikationskultur. Ich glaube ferst daran, dass die Ängste  viel schneller vergehen, wenn die Begegnung da ist und die Überraschung groß sein wird, wie viel ähnlicher man sich eigentlich ist. Und ein paar Differenzen zum Glück natürlich trotzdem bleiben.”

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TOM TYKWER ÜBER DIE ARABISCHE KLTUR

“Ich schätze an der arabischen Kultur das  Verweilen, das nicht so ergebnisorientierte Gespräch, die offenere Form von Diskurs. Man trifft sich und handelt ein Geschäft aus, weil man Zeit miteinander verbringen will, und nicht, weil man stur Punkte abhakt, die in irgendeinem Zielmemo stehen. Sich zu einigen bedarf einer Stimmung und die Geschäfte werden dabei eher nebenbei gemacht, während wir in unser hiesigen Kultur in Meetings reingehen, sofort ein Ergebnis erzielen wollen und uns dafür so effizient wie möglich mit unseren Anwälten über die Vertragspapiere hermachen.”

TOM TYKWER ÜBER SEINE HAUPTFIGUR ALAN CLAY

“Alan Clay ist ein Synonym für all die Probleme, die wir so mit mit der Selbstgewissheit über unser System mitschleppen. Diese Selbstgewissheit über alles, was wir uns so ausgedacht haben, hat uns in eine mentale und psychologische Stagnation getrieben. Alan Clay ist dafür ein Prototyp, der nur noch Floskeln drauf hat. Im Endeffekt ist er ein Alptraum von Mann. Er redet ja zum Anfang des Films nur in Formeln und will immer gute Stimmung machen, obwohl er eigentlich selber schlechte Laune hat und all die Ängste dieser Welt verkörpert, doch darüber nicht reden kann, weil er nicht weiß, wie das geht.”

“Das ändert sich erst, als eine Frau kommt, die sich ihm behauptet und bei ihm was auslöst, was ihn öffnet und er plötzlich Sätze sagt,  über die er wahrscheinlich selbst überrascht ist und man am Ende feststellt, dass er ja eigentlich doch ein ganz interessanter Mensch ist und nicht nur ein Sprüche kloppender Geschäftsmann.”

TOM TYKWER ÜBER GESELLSCHAFTLICHES ROLLENSPIEL

“Meine Hauptfigur war mir mit seinen ganzen Krisen und seiner ganzen Art zu sein sehr nah. Er ist in einem Körper gefangen, die nur eine bestimmte Rolle verkörpert. Wir schleppen alle eine Rüstung mit uns rum und wir alle  wissen, wie schwierig es ist aus diesem System rauszukommen und vergessen dabei schnell, welche Seele bzw. welcher Mensch dahinter steckt, weil wir nur noch die Idee von uns verkaufen statt wir selbst zu sein. Die Rüstung habe auch ich, er ist ein Panzer, der schneller wächst, als das man ihn ablegen kann. Jeder versteckt sich auf die eine oder andere Weise dahinter. Warum? Weil man nicht ständig transparent sein will, weil man damit verletzbarer wird. Vor allem im Privatleben verfällt man ja ganz schnell in Gewohnheiten und Muster, die man eigentlich abschütteln müsste, um immer zugänglich zu bleiben. Doch der Panzer wächst immer schneller.”

 

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