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Deutscher Filmpreis 2019: Backstage-Report

Sou Boujloud: ProfilbildDer rote Teppich ist ausgerollt. Schöne Männer in perfekt sitzenden Smokings. Noch schönere Frauen in teuren Kleidern, in denen sie wie Königinnen aussehen. In der Luft schwebt eine Brise „très chic“ und stärkt die Haltung jener, die sich im Blitzlichtgewitter über diesen wahnsinnig wichtigen Teppich grazil und souverän, gar schwebend, fortbewegen. Jede Bewegung ein perfektes Bild für die Fotografen und Kameraleute. Alles glänzt, es funkelt und duftet nach Glamour. Diesen Menschen kann keiner was. Eine perfekte Welt. SIE sind perfekt. Einfach ALLES ist perfekt. Auch das Bügelbrett hinter der Bühne. What?!

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Deutscher Filmpreis 2019: Die dunkle Seite hinter dem Glamour

Veranstaltungen wie der Deutsche Filmpreis sind zweifelsohne glamourös. Zu Recht. Was man allerdings nie sieht oder gar denkt: Auf solchen Veranstaltungen gibt es zwei Parallelwelten. Heute erzähle ich euch ein wenig über die „dunklere“, aber absolut nicht böse Welt. Ohne die die andere Seite, welche die Zuschauer sehen, gar nicht mal so perfekt aussehen würde. Eigentlich gar nicht existent wäre.

Abgesehen davon, dass unter jedem Kleid und hinter jedem noch so scheinbar unkomplizierten Styling stundenlange Arbeit und mehrere Hände, Mieder und Tapes stecken, stehen viele, viele Menschen hinter der Bühne, die das ganze Spektakel am Laufen halten. Sie sorgen dafür, dass die Moderatoren und Laudatoren völlig souverän vor das Publikum treten können, um alles außer unperfekt zu sein.

Schwarz gekleidete Team-Mitglieder aller möglichen Gewerke wuseln herum. Make-up Artists, die den Stars kurz vor ihrem Auftritt noch ein Touch-up verpassen. Stylisten, die mit Fusselrollern und allerlei Erste-Hilfe-Style-Utensilien bereitstehen, um jedwede optische Katastrophe in letzter Minute abzuwenden. Dazu gehört auch ein Bügelbrett. Gleich hinter der Bühne. Denn: Auch ein Sakko muss vielleicht schnell noch mal glattgebügelt werden.

Dann gibt es noch Fotografen, die die Glückseligkeit der vor einem Augenblick noch gekürten Gewinner einfangen, Aufnahmeleiter, Produktionsassistenten, Künstlerbetreuer (ohne die alle Prominenten wie verloren gegangene Schäfchen planlos umherlaufen würden), Techniker, Sicherheitsleute, Redakteure, Producer, Notare, Berichterstatter, Kameramänner, Kabelhilfen, Wasserflaschen (always stay hydrated!) und ganz sicher noch einige, die eigentlich gar nichts im Backstage-Bereich zu suchen haben. Aber sicheres Auftreten hat schon so manche Leute in Clubs gebracht. Und nachts sind eh alle Katzen grau. Oder, in diesem Fall: schwarz.

Denn, wie einige Sätze zuvor erwähnt: Schwarze Arbeitskleidung ist bei TV-Produktionen eigentlich Pflicht. Wieso? Ganz einfach: Da die Crew-Mitglieder einer Bewegtbildproduktion oftmals im Hintergrund und manchmal auch im Bild herumlaufen und sich teilweise auch schnell bewegen müssen (zum Beispiel Kabelhilfen), ist es von Vorteil, „gedeckte Kleidung“ zu tragen. Man verschwindet sozusagen im Schatten der Dunkelheit und fällt deshalb weniger auf, wenn einen die Kamera doch „abschießen“ sollte. Bloß keine Ablenkung.

Lampenfieber überall

Kaum zu glauben, aber hinter der Bühne gibt es niemanden, der nicht nervös ist. So lief Florian David Fitz, in seinen Text versunken, auf und ab und lernte noch bis zur letzten Sekunde vor seinem Auftritt seine Laudatio. Tja, auch ein groß gefeierter Schauspieler hat Angst davor, sich zu blamieren.

Moderator Teddy Teclebhran war nicht nur während der Show hinter der Bühne „nicht zu gebrauchen“. Vor seinen Moderationen sah man ihn eigentlich nur mit einem überdimensionalen Korken zwischen den Zähnen auf und ab laufen. Das sollte bei der Moderation für eine deutlichere Aussprache sorgen. Mir fällt gerade auf, dass dort generell viel auf und ab gelaufen wurde. Das hilft wohl gegen Aufregung.

In den Tagen zuvor war kein Interview möglich. Wir wollten ein paar kurze Clips für die Außenwelt aufnehmen. Die Betonung liegt hier auf „wollten“. Ich hing einen halben Tag einfach so ab und aß Kekse. Falls ihr Teddy Teclebhrans Instagram-Account folgen solltet, werdet ihr zu den Vorbereitungen für den Deutschen Filmpreis 2019 wenig bis gar nichts mitbekommen haben. Der Grund lag weniger daran, dass es geheim sein sollte. Vielmehr waren die Proben und Aufregung so intensiv, dass einfach keine Nerven für Social Media übrigblieben. Gerüchten zufolge lagen die Nerven beider Moderatoren ziemlich blank. Und Desirée Nosbusch fiel nach der Show nicht nur ein Steinchen vom Herzen.

Es sind ja auch große Fußstapfen, in die unsere diesjährigen Moderatoren treten mussten. Iris Berben und Edin Hasanovic hatten im vergangenen Jahr eine außerordentlich hoch angesetzte Messlatte hinterlassen. Ich habe von mehreren Seiten gehört, dass Edin eine erneute Moderation des Deutschen Filmpreises mit den Worten „Das war so krass, das tue ich mir nicht noch mal an. Wie soll ich das toppen?!“ abgelehnt habe. Stimmt. Es wäre wahrscheinlich etwas Ähnliches zu erwarten gewesen, was Lena Meyer-Landrut mit ihrer zweiten Teilnahme am Eurovision Songcontest ereilt hatte: Nämlich ein „njoah …“. Deshalb: Edin, alles richtig gemacht. Und unsere beiden neuen Moderatoren auch. Chapeau!

Wo waren wir …? Ach ja, genau: hinter der Bühne. Könnt ihr euch vorstellen, dass Große-Klappe-Königin Katja Riemann vor lauter Aufregung ihr Kleid vollgeschwitzt hatte und kurz vor ihrem Auftritt durch den Backstage-Bereich rannte, um sich ein Kleenex unter die Achseln und so weiter zu wischen?

Der Einzige, der absolut souverän mit seiner Aufgabe umging, war der Schauspieler und Gewinner aller Herzen: Julius Weckauf. Als er seinen Text vergessen hatte, gab er es unbekümmert zu und wies auf das hin, was alle anderen Laudatoren stets zu vertuschen versuchen: den Teleprompter. Die Rettung aller und Sicherheitsgarant dafür, dass auch nur gesagt wird, was gesagt werden soll. Falls ihr euch also gefragt habt, wie diese Leute ihre Texte so wunderbar flüssig sprechen können: TELEPROMPTER it is. Gesteuert aus dem Backstage-Bereich.

Hach, Backstage

Ich liebe es. Die Stimmung ist angespannt, aber irgendwie super cool. Und vor allem, wenn es trotz Stress’ und Drucks von allen Seiten reibungslose Abläufe gibt. Diese gibt es aber übrigens eher selten. Wie zu Beginn erwähnt, sind Promis wie kleine Schäfchen. Verschwinden plötzlich kurz vor ihrem Auftritt, wenn man mal kurz nicht hinsieht. Plötzlich muss schnell noch Pipi gemacht oder eine Zigarette geraucht werden. Oder eine Technik fällt aus, und kurzfristige Entscheidungen müssen getroffen werden. Und von alledem bekommen die Zuschauer im Saal, die nur wenige Meter von dieser Schattenwelt, in der sich so viele Helferlein tummeln, nichts mit. Und die Zuschauer vor dem Fernseher zu Hause erst recht nicht.

Apropos nichts mitkriegen: Außer denjenigen, die im Backstage-Bereich direkt vor den Monitoren sitzen und die Sendung aus beruflichen Gründen mitverfolgen müssen, kriegen die wenigsten hinter der Bühne mit, was da vorne eigentlich genau abgeht. Wir gucken nur in die Dispos und haken einen Programmpunkt nach dem anderen ab. Ah, Pause! Nee, war schon. Mist, schon wieder Catering verpasst.

Und ich verrate euch noch eine Sache, die die meisten meiner Kollegen kennen: Unter vielen läuft intern ein inoffizieller Contest über die meist getätigten Schritte am Produktionstag. Hier ein Beispiel aus einer TV-Produktion, die ich im März mitgemacht habe (und der freie Tag danach):

Der Gewinner erhält übrigens … nichts, hah!

Sou Boujloud

 

 

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