Da möchte man doch meinen, das Jahr 2020 hätte sich im Frühling schon von seiner fragwürdigsten Seite gezeigt, aber dann kommt Christopher Nolan um die Ecke und präsentiert uns TENET.
Einen Film, der von vorne wie von hinten einfach nur „HÄ?!“ ist.
Nach dem ersten Lockdown dürstete es uns förmlich nach zuvor noch so selbstverständlichen Dingen wie ins Kino zu gehen. Mit TENET sollte das Gefühl, in eine andere Welt einzutauchen, während man mit Popcorn in den Backen auf eine riesige Leinwand schaut, zurückkommen. Darauf hatte die ganze Welt gewartet. Ein Kinostart, der aufgrund der weltlichen Situation noch besonderer schien als ohnehin schon.
Was aber dann passierte, ist mir bis heute nicht begreiflich: Einige Menschen fanden TENET doof. „DOOF“! Zunächst einmal: Doof sind wir. Dass wir nach INCEPTION und INTERSTELLAR mit TENET ein weiteres geistig forderndes Resultat aus Nolans Kopf erwarten konnten, war meiner Meinung nach gleich klar. Und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht.
Abgesehen davon, dass TENET mit zweieinhalb Stunden kein Filmsnack ist, aktivierte er Gehirnzellen, die für die meisten von uns während des Lockdowns und dem ganzen Schlamassel, der mit der Pandemie einherging, längst das Zeitliche gesegnet zu haben schienen.
Mitsamt unseren Jeanshosen ist unsere Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu begreifen, in Quarantäne gegangen, um vorerst nicht mehr zurückzukommen. Und plötzlich rutscht man im Kinosessel hin und her, weil die Blase nach 1,5 Liter Fanta keinen Deal mit der Filmlänge hat, und muss sich entscheiden: Entweder sagt man dem Faden, den man ohnehin nicht mehr sehen kann, auf Nimmerwiedersehen, oder man hofft darauf, dass kein Unglück in der Hose passiert.
Ich wollte das Unglück vermeiden und opferte die letzte Hoffnung auf inhaltliches Verständnis, um für den Rest des Films nicht mehr zu verstehen, wieso Neil (Robert Pattinson) und der Protagonist (John David Washington) plötzlich ohnmächtig auf dem Boden lagen. Beziehungsweise ohnmächtig waren sie gar nicht. Dingens … ganz genau. Ich habe keine Ahnung mehr gehabt. Aber wie gut, dass man Filme mehrmals gucken kann. Und TENET ist definitiv einer dieser Filme. Dass ich ihn insgesamt drei Mal geschaut habe (einmal, um die Lücken zu schließen, und dann nochmal, um meine Theorien zu überprüfen), würde ich nicht als Zeitverschwendung sehen. Ich meine … das waren über 7,5 Stunden, in denen ich aktiv von der Pandemie abgelenkt war.
Meine Lieblingsszenen? Die, in der der Polizeitransporter von LKWs auf der Straße umzingelt wird. Keine Ahnung, aber das zu sehen, hat mir jedes Mal das Adrenalin durch den Körper gejagt. UND was ich absolut eindrucksvoll fand, war, wie das Flugzeug in den Hangar gerollt ist. Nicht nur, weil es wirklich passiert ist und demnach ein riskanter One-Take war, sondern auch, weil man sehen konnte, wie das denn so wäre, wenn ein Flugzeug beim Rollen die sich darunter befindenden Autos mitschleift.
Nennt mich bescheuert, ich fand’s mega.
Masud Akbarzadeh hat sich in seinem Kopfkino mit TENET befasst:
Außerdem gibt es eine Podcast-Folge dazu:
Tenet Review: Hat Christopher Nolan sich überschätzt? | PODCAST
Und um das Ganze abzurunden, eine Frische Filme Review von Antje Wessels:
Ein großes Dankeschön an Christopher Nolan dafür, dass er mit der Komplexität von TENET meine Gehirnzellen vor dem Aussterben bewahrt hat.
Filminfo
TENET
Originaltitel: Tenet
Genre: Action, Thriller, Spionage, Sci-Fi
Darsteller: John David Washington, Robert Pattinson, Elizabeth Debicki, Kenneth Branagh
Regie: Christopher Nolan
Kinostart: 26.8.2020
DVD-/Blu-ray-Release: 17.12.2020
Streambar: Amazon Prime Video kein Flatrate-Anbieter